Bundestagswahl 2017 – A country united in indecisiveness

Bundestagswahl 2017 – Ein Land geeint in Unentschlossenheit

Wahlhilfe aus einer integralen Sichtweise

So unterschiedlich das Parteispektrum in Deutschland ist, so sehr eint viele Bürger der Zweifel, ob es überhaupt die „richtige Partei“ für die anstehende Wahl gibt. Die Gefühle sind zerworfen, das Land ist vielerorts gespalten. Politische Gespräche im weiteren Bekanntenkreis können schnell in ideologischen Debatten enden.

  • Integration VS Abgrenzung
  • Innovation VS Stabilität
  • Liberal VS Sozial VS Konservativ
  • Säkular VS Religiös

Die Unentschlossenheit der deutschen Wähler und die obigen Schwarz/Weiß Diskussionen sind wenig überraschend. So haben wir bereits in INTRO – T.R.O. Think Tank festgestellt, dass gerade in unserer Generation Entscheidungen immer schwieriger zu treffen sind. Die stetig schneller werdende Veränderung in all unseren Lebensbereichen erzwingt es jedem von uns sich stets neue Meinungen zu doch oft sehr komplexen Themen zu bilden. Mit den wachsenden gesellschaftlichen Herausforderung wächst sowohl für den Wähler der Druck sich zu informieren, wie wird es auch für die etablierten Parteien schwieriger sich klar zu positionieren. Konnten Parteien früher noch dadurch Punkten in einzelnen Bereichen wie Umwelt, Religion, Nationalität oder Wirtschaft demonstrativ Farbe zu bekennen, so erwartet der moderne Wähler heute ein deutlich allumfassenderes Parteiprogramm. Durch neue Wahlhelfer wie den Wahl-O-Mat werden die Parteien dazu gezwungen in sehr heterogenen Bereichen der Politik Standpunkte zu beziehen.

In Summe lässt es sich also zusammenfassen, dass die „Komplexität“ mit welcher sowohl Wähler als auch Parteien zu kämpfen haben deutlich gestiegen ist. War „Wählen“ vor 20 Jahren noch ganz klar eine obligatorische Familienentscheidung so fällt es heute selbst dem motiviertesten Bürger schwer die Partei zu identifizieren, welche alle seine Ziele gleichermaßen bedient. Die Parteien selbst kämpfen zunehmend um ihre Identität, wie man plakativ am Beispiel von CDU/CSU, in der für eine konservative Partei untypischen Einwanderungspolitik, erkennt.

Gefährliche Gewinner sind (wie man europaweit beobachten kann) die extremen Parteien. Parteien, welche die wachsende Komplexität ignorieren, derer sich die etablierten Parteien stellen müssen und ein naives einfaches Bild der Realität skizzieren. Ein „die Wurzel allen Übels ist der alles vergiftende Kapitalismus“ oder „der Zuwachs an Ausländern und der Verlust deutscher Werte führt uns ins Verderben“ sind klare knackige Botschaften, welche zumeist jedoch jeder faktischen Betrachtung entbehren. Ihr populistischer Ton berührt Emotionen und vermittelt eine angenehme Einfachheit der Dinge.

Regel 1:

„Klingen die Versprechen einer Partei zu einfach um Wahr zu sein, so sind sie es auch.“

Wählern dieser populistischen Parteien wird oft entgegen geworfen, dass diese sich doch nur mit den politischen Themen genauer beschäftigen müssten. Sie werden nicht ernst genommen und mit dem Stempel „Ungebildeter Frustwähler“ gebrandmarkt.

So einfach es auch klingt dem Bürger vorzuwerfen, dass er seiner Informationspflicht nicht nachkommt, so ignorant ist dies wieder auch. Steigt die Komplexität der Entscheidungen durch zunehmende inhaltliche Abhängigkeiten und schnellere Veränderungen noch weiter an, so wird es für zukünftige Generation kaum noch möglich sein eine fundierte Wahlentscheidung zu treffen. Der „Frustwähler“ ist nur eines der ersten Symptome dieser Entwicklung. Die Politik hat gegenüber dem Bürger die Verpflichtung Zusammenhänge klar, transparent und unabhängig darzustellen. Nur Parteien, die die Bürger mehr abholen und informieren, können eine Lösung für alle Wählergruppen anbieten, ohne extreme Parteien zu stärken.

Regel 2:

„Das Versprechen von mehr Transparenz und einer besseren Informationspolitik ist ein wichtiges Aushängeschild für zukunftsorientierte Parteien“

In A Spiral Dynamics introduction haben wir gelernt, dass Schwarz/Weiß Denken keine Lösung sein kann. Wir Menschen sehen die Welt durch sehr unterschiedliche Augen und akzeptieren je nach unserer Weltsicht auch nur bestimmte Lösungen als sinnvoll und nachhaltig. Da die Denkmuster in unserer deutschen Bevölkerung sich weit über diese unterschiedlichen Weltsichten verteilen, sind politische Botschaften, die ihre Meinung als die einzig richtige Meinung darstellen, pauschal falsch. Stigmatisieren Parteien sich gegenseitig, dass die jeweils andere Partei Entscheidungen rein auf Basis einer „Lobby“ treffe, so zeigt dies nur das Kernproblem unserer heutigen Politik. Wir sehen das Handeln anderer Menschen oft als „offensichtlich irrational“ an und können uns dies nur durch absichtlich bewusst falsche Entscheidungen (z.B. durch Lobbyismus) erklären. Eine solche Darstellung ist jedoch genau so vereinfacht wie jede andere populistische Botschaft. Nur wenn wir in unserem Denken akzeptieren, dass es mehrere Lösungswege gibt, welche alle für bestimmte Menschengruppen richtig erscheinen können, haben wir eine echte „Integrale Sichtweise“ erreicht. Dies ist die Voraussetzung, um eine zukunftsfähige Politik für gleichsam alle Bürger des Landes zu führen.

Regel 3:

„Nur eine Partei, welche sich offen allen Meinungsströmungen gegenüber verhält und diesen statt mit Ablehnung durch Zuhören antwortet, öffnet sich einer echten integralen Politik.“

Deutschland geht es vielerorts gut, genau so wie es viele enttäuschte Bürger gibt. In der ganzen Europäischen Union leben die Menschen durchschnittlich mit einer deutlich besseren Lebensqualität als vor 50 Jahren. Wir erleben in Europa weniger Gewalt, weniger Armut und mehr Möglichkeiten für jeden Bürger. Frühere Problem schwinden, neue Herausforderungen entstehen. Die hohen weltweiten Unterschiede in der Lebensqualität führen zu enormen Flüchtlingsströmen und die schneller werdende Veränderungen (wie die Digitalisierung) in der Wirtschaft führen zu Arbeitsplatzunsicherheiten. Diese neuen Probleme sind jedoch kein Versäumnis aus der Vergangenheit, sonder sie beweißen uns sogar das wir auf dem richtigen Weg sind. Nur weil der Fortschritt Weltweit blüht, existieren viele der heutigen Herausforderungen. Wir dürfen uns dem stetigen Wandel nicht verschließen, sondern müssen ihn annehmen und in unsere Gesellschaft integrieren. Damit stehen wir gesellschaftlich vor exakt der gleichen Herausforderung wie viele IT-Unternehmen heute schon.

Die durch jeden von uns verwendeten Technologien verändern sich stetig weiter, die Zusammenarbeit unterschiedlicher Kulturen und Menschen wächst. Dies kann nicht (mehr) von außen durch die Politik reglementiert werden. Deutschland braucht den Fortschritt und die globale Vernetzung, um wettbewerbsfähig zu bleiben und den Lebensstandard weiter steigen lassen zu können. Wenn wir also nicht den stetigen Wandel aufhalten können / möchten, so steigt damit automatisch die Eigenverantwortung, bei jedem einzelnen Bürger, auf diesen Wandel zu reagieren.

Der Bürger muss dazu befähigt werden, neue Kulturen zu integrieren, neue Technologien adequat zu verwenden, andere Menschen besser zu verstehen und sich selbst kontinuierlich weiterzuentwickeln. Ein Land ist letztendlich nur eine spezielle Form einer Organisation. Statt Mitarbeitern existieren Bürger, statt Managern gibt es Politiker. Einer wachsenden kollaborativen Komplexität kann auch hier nur dadurch begegnet werden, dass der Bürger befähigt wird und das der Staat analog kontinuierlich mehr Verantwortung (statt Reglementierung) an den Bürger übergibt. Durch die wachsende Flexibilität und Innovationskraft profitieren Deutschland und Europa.

Als konkretes Beispiel hierzu kann bzgl. der aktuellen Flüchtlingsdebatte auf den Artikel Spiral Dynamics modern society example verwiesen werden.

Konkret bedeutet dies…

  • Wir brauchen eine sehr gute soziale Absicherung, damit jeder Bürger seine Gedanken nicht mit der Sicherstellung von Grundbedürfnissen beschäftigen muss (Sicherheit / Gesundheit / Einkommen) und seine Kapazitäten für andere Lernprozesse nutzen kann
  • Wir brauchen bessere Bildungs- und Weiterentwicklungsangebote für den Bürger, welche möglichst individuell auf dessen Bedürfnisse eingehen
  • Wir benötigen den Nährboden für Innovation und Fortschritt, so dass motivierte Menschen wenig Hürden haben, um für den eigenen und gemeinschaftlichen Erfolg eintreten zu können
  • Statt pauschale Sanktionen benötigen wir die für die jeweiligen Denkmuster richtigen Anreize und unterstützenden Maßnahmen, um das Bewusstsein in der Bevölkerung weiterzuentwickeln
  • Wir benötigen mehr echte internationale Zusammenarbeit, bei gleichzeitiger Stärkung der lokalen Entscheidungsfreiheit der einzelnen Regionen

„Nur Politik die sich mehr mit der echten Befähigung ihrer Bürger beschäftigt und den unaufhaltsamen Wandel akzeptiert, kann eine zukunftsorientierte Politik sein“

Ich hoffe euch mit dieser Aufbereitung etwas bei eurer Entscheidung weitergeholfen zu haben.

ACHTUNG SUBJEKTIVE MEINUNG

Für mich ist der diesjährige Wahlkandidat die Partei „Der Humanisten„.

Diese junge Partei kommt mit einem liberal, sozial und progressivem Programm einer „integralen Politik“ bisher noch am nähesten.

3 Gedanken zu “Bundestagswahl 2017 – A country united in indecisiveness

  1. Dein Blog rettet meinen Glauben an Menschen, die befähigt sind, außerhalb von Schubladen zu denken, Danke! Die Ansichten beschreiben genau das, was ich mir bei jeder (politischen) Diskussion denke.
    Ich selbst bin schon seit Wochen (Oder eigentlich Monaten, oder eigentlich schon seitdem die „Flüchtlingskrise“ aufkam, und man ständig überall mit politischen Diskussionen konfrontiert wird) gefrustet, dass es so viele (oder in meinem näheren Umfeld fast ausschließlich) einseitige Meinungen gibt. Weiterhin bin ich genauso gefrustet, dass auch die Parteien selbst in Diskussionen und Talkshows weitestgehend einseitige Denkweisen wiedergeben.

    Subjektive Meinung: Am rationalsten / am ehesten auf Sachebene diskutierend – auch wenn ich mir nicht sicher bin, wie ernst es gemeint ist und wie die gesamte Partei denken und handeln würde – kommt mir dabei bisher Christian Lindner vor . Wobei mir bei der FDP die soziale Komponente fehlt (bzw. mir vorstellen kann, dass sie im Ernstfall doch eher hintenangestellt würde) Die SPD als gemäßigte/ mir am wenigsten einseitige erscheinende, soziale Partei aber zu sehr die aktuellen Themen verschläft oder sich nicht weiterentwickelt und auf einer Stelle stehen bleibt.
    In meiner Recherche und Information zu den Parteien im Allgemeinen bin ich auch auf die Humanisten gestoßen und würde darin eine gute Mischung aus sozial und liberal/fortschrittlich sehen. Leider stehen sie aber in meinem Wahlkreis nicht zur Verfügung. Obwohl sich mir zunehmend auch die Frage stellt, ob diese Partei nicht ebenso viele Mitgieder hat die auch nur auf ihrem Standpunkt als „richtigen“ besteht und damit auch wieder schwarz-weiß denken erzeugt wird…
    Nunja es ist ja noch ein bisschen Zeit bis zum 24.9. eine Entscheidung zu fällen.

    K.

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    1. Hi Kristy,
      danke für dein Feedback zu meinem Artikel! Ich teile deine Aussagen!

      Auch mir geht es so, dass die etablierten Parteien für sich allein keine passende Gesamtstrategie haben. Die FDP ist zukunftsgewandt, vergisst jedoch mitunter die soziale Komponente. Den SPD / Grünen fehlt wiederrum die notwendige progressive Ausrichtung. Auch eine CDU macht gute Politik, wenn auch für meinen Geschmack zu konservativ um zukunftsorientiert zu sein. Die Humanisten sind sicher nicht perfekt, aber sie sind eine junge Partei und werden sich sicher noch 1-2 mal neu erfinden müssen. Hoffen wir darauf das sich mit ihnen für die nächsten Wahlen eine neue wählbare Partei etabliert, welche nötige Impulse im erstarrten Parteigefüge setzt! Wir brauchen neue Parteien, welche Menschen wieder für Politik begeistern und die heutigen Herausforderung verstehen…

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      1. Ich finde die ganze Thematik deines Blogs sehr interessant, ich teile größtenteils diese Art zu denken und wusste bisher nicht, dass es dazu Konzepte und wissenschaftliche Begriffe dafür gibt – damit werde ich mich mal genauer beschäftigen. Ist auf jeden fall direkt in meiner Lesezeichenleiste plaziert worden. 😉

        -Kristy

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