Die Wellen des Umbruchs lassen etablierte Organisationen zerschellen und schaffen zeitgleich fruchtbaren Boden für neue Mitspieler. Dennoch können Unternehmen jeder Größe den Wandel zu ihrer Erfolgsgeschichte werden lassen, wenn sie nur die nötige Veränderung in Kultur und Mindset verstehen lernen…
Mit T.R.O. habe ich von wachsendem Vertrauen und Eigenverantwortung gesprochen, sowie den daraus resultierenden Möglichkeiten. Haben wir nun verstanden wie unterschiedlich Menschen ihre Welt wahrnehmen, so können wir darauf basierend beginnen unsere Zusammenarbeit zu optimieren.*
ROT
Menschen, welche die Welt weitestgehend durch „rote Augen“ betrachten, weisen ein sehr impulsives und bedürfnisgesteuertes Verhalten auf. Die Zusammenarbeit mit anderen Menschen betrifft aber vor allem die meist nur sehr kurzfristige Planung. Nur wenige Faktoren fließen in die Entscheidungsfindung mit ein. Auswirkungen auf andere Menschen bleiben größtenteils unberücksichtigt. Menschen in dieser Ebene können sich nur sehr schwer in andere Menschen hineinversetzen und sehen die Welt daher immer aus einer egozentrierten Perspektive.
Die Erreichung von organisatorischen Zielen ist in dieser Ebene nur durch eine sehr enge Führung möglich. Es herrscht in der Leitung kaum Vertrauen zu den Mitarbeitern, genau so wenig identifiziert sich der Mitarbeiter mit den Zielen der Organisation. Motivator der „Zusammenarbeit“ des Mitarbeiters sind oft nur die notwendige Befriedigung physiologischer Bedürfnisse. Der Mitarbeiter sieht keine Verantwortung bei sich, außer die (zumindest oberflächliche) Erfüllung seiner ihm konkret formulierten Aufgaben. Für Leiter ist der Respekt seiner Mitarbeiter, das wichtigste Gut. Dieser muss unter allen Umständen gewahrt werden (Notfalls durch reine Dominanz), da sonst schnell die Führungsstruktur seitens der Mitarbeiter in Frage gestellt wird. Dem Mitarbeiter ist es daher auch nicht gestattet die ihm zugetragenen Aufgaben zur Diskussion zu stellen oder zu hinterfragen.
Es existiert eine Kultur in der Dominanz & Gehorsam das Fundament der Zusammenarbeit sind. Der Mitarbeiter kennt meist nur seine eigenen konkreten Aufgaben, weiß aber nur wenig über die gemeinsamen Ziele.
Das Maß an Komplexität, welche eine Organisation auf dieser Basis bewältigen kann ist nur sehr begrenzt. Größe, Dynamik und Innovationspotential sind stark limitiert, da ein sehr kleiner Personenkreis alles sehr genau kontrollieren / entscheiden müssen. Es gibt Leiter in der Hierarchie, welche keine konkrete Verantwortung besitzen, jedoch mit Macht ausgestattet wurden, um Befehle der „Entscheider“ durchzusetzen.
Gerade in Berufsgruppen, welche keine Ausbildung voraussetzen, sind entsprechende Organisationsmuster auch heute noch häufig anzutreffen. Natürlich unabhängig davon, ob dies tatsächlich für alle Mitarbeiter ein angemessener Führungsstil ist…
BLAU
Der Mensch hat erkannt das Selbstdisziplin und die Kontrolle der eigenen Bedürfnisse notwendig für eine gemeinsame Zusammenarbeit sind. In der Zusammenarbeit mit anderen Menschen spielen daher Regeln, Normen und Formalien eine zentrale Rolle.
Jedes Gruppenmitglied wird daran beurteilt, wie gut er sich an die vorgegebenen Verhaltensweisen hält. Es herrscht nur wenig Akzeptanz für Abweichungen (Flexibilität). Einmal definierte Abläufe und Planungen werden nur selten nachträglich angepasst. Die persönlichen Entscheidungen richten sich an den bekannten Regeln aus, es wird eine stabile Zusammenarbeit ermöglicht.
Es herrscht weiterhin nur begrenztes Vertrauen zu anderen Menschen. Vertrauen kann durch eine strenge Befolgung der bekannten Verhaltensweisen erworben werden, wird jedoch auch sofort wieder in Frage gestellt, wenn von Regeln abgewichen wird. Der Mitarbeiter übernimmt Eigenverantwortung für die Einhaltung der Regeln und „kontrolliert“ deren Einhaltung bei anderen Menschen. Der Mitarbeiter sieht es in seiner persönlichen Verpflichtung die ihm übertragenen Aufgaben gründlich und exakt entlang der Vorgaben zu erfüllen.
Es existiert eine Kultur der Pflichterfüllung. Es wird hervorgehoben, dass das Wohl der Gemeinschaft davon abhängt wie gut jeder Einzelne seine ihm konkret übertragenen Aufgaben entlang der Vorgaben erfüllt. Die Organisation versucht dies dem Mitarbeiter kontinuierlich bewusst zu halten.
Die Leitung einer Gruppe basiert auf getroffenen Absprachen und der Sicherstellung deren Einhaltung. Es herrscht eine größere Autonomie der Gruppenmitglieder (im Vergleich zu rot), da es klar abgestimmte Verhaltensweisen gibt. Die Leitung orchestriert die einzelnen Gruppenmitglieder, misst deren Ergebnisse und „bestraft“ Fehler / Abweichungen. Das Verhältnis Leiter zu Mitarbeiter ist weiterhin sehr autoritär und fordert klare Loyalität der Mitarbeiter.
Eine blaue Organisation kann wohldefinierte / standardisierte Aufgaben gut bewältigen und planen. Die gesamte Entscheidungsverantwortung liegt weiterhin nur bei einem kleinen Personenkreis, welche den Überblick über alle Abläufe innerhalb der Organisation halten muss. Es gibt Leiter in der Hierarchie, welche selbst sehr konkrete Vorgaben erhalten haben und innerhalb ihres Verantwortungsbereiches autonom die Einhaltung dieser Vorgaben sicherstellt. Entscheidungen werden jedoch weitestgehend nur „hart“ nach unten durchgereicht.
Die Komplexität, welche solche Organisationen bewältigen können, ist weiterhin nur sehr begrenzt. Veränderungen der Rahmenbedingungen verursachen schnell massive Aufwände, da die sehr eng definierten Prozesse / Regeln angepasst werden müssen.
Dies kann aber nur zentral erfolgen, da die Entscheidungsverantwortung gebündelt ist. Auf Veränderungen kann daher nur sehr langsam reagiert werden. Je größer die Organisation, desto schwieriger werden auch Veränderungsprozesse. Es herrscht kaum Dynamik und Innovationspotential. Zunehmend schneller werdene Veränderungen (in Branche / Gesellschaft) können kaum noch zeitnah adaptiert werden. Bisher erfolgreiche Organisationen können aufgrund solcher Veränderungen schnell scheitern, da Prozesse schneller veralten / erodieren als Veränderungen erfolgen und dadurch nicht mehr den Ansprüchen genügen.
Ein klassisches Beispiel dieser blauen Organisationsform ist die katholische Kirche in ihrer traditionellen Form.
ORANGE
Der Mensch hat ein leistungsorientiertes Denken angenommen und ist bereit ein hohes Maß an Eigeninitiative und -verantwortung zu zeigen, wenn entsprechende (monetäre) Vergütungen in Aussicht stehen. Die Zusammenarbeit mit anderen Menschen orientiert sich daher maßgeblich daran, wie die eigenen Ziele zusammen mit der Gemeinschaft erreicht werden können. Die Gruppenmitglieder werden daran beurteilt, wie sie immer wieder neu vergebene Ziele und Aufgaben erreicht haben. Es besteht häufig eine subtile Konkurrenzsituation zwischen den Mitarbeitern. Dies fördert zum einen die persönliche Leistungsbereitschaft, sorgt aber auch dafür, dass oft Entscheidungen zum persönlichen Vorteil getroffen werden. Regeln und Normen sind weiterhin in der Gruppe wichtig, jedoch werden Abweichungen toleriert, wenn dadurch die Ziele schneller / besser erreicht werden können.
Das Vertrauen in die Motivation der Mitarbeiter ist hoch, da diese aus Eigenantrieb handeln. Der Mitarbeiter verbindet sich weniger mit den Zielen der Organisation, als mit den persönlichen Wachstumsmöglichkeiten die diese zu bieten hat. Die Bindung zur Organisation wird von einem gegenseitigen Nutzenverhältnis gehalten. Solange dieses seitens des Mitarbeiters besteht, arbeitet dieser mit einer sehr hohen Eigenverantwortung an den ihm übertragenen Aufgaben. Der Mitarbeiter ist jedoch nicht fest an die Organisation gebunden und sieht hierzu die Organisation in der Verpflichtung ihm kontinuierlich Wachstumsmöglichkeiten anzubieten.
Die Kultur ist stark leistungsorientiert und befeuert den vollen Einsatz aller Mitarbeiter. Schneller, Besser, Höher und Weiter sind ständige Begleiter in der Kommunikation. Wachstum und Erfolge der Organisation werden dem Mitarbeiter transparent gemacht und sein persönlicher Einsatz lobend hervorgehoben. Es wird alles dafür getan den Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass der beste persönliche Erfolg in der eigenen Organisation erreicht werden kann.
Das Feedback der Mitarbeiter wird von der Leitung herangezogen, um Prozesse und Abläufe zu verbessern. Dennoch besteht nur begrenztes Vertrauen hinsichtlich der Entscheidungskompetenz. Innerhalb eines vorgegebenen Bereichs wird dem Mitarbeiter hohe Autonomie zugestanden, jedoch nicht darüber hinaus. Vorangegangene Leistung qualifiziert für weitergehende Entscheidungsverantwortung. Es werden innerhalb der hierarchischen Führungsstruktur klare Rollen verteilt. Die Kommunikation erfolgt weiterhin nur streng anhand der Hierarchie Ebenen, jeder Leiter vertraut nur den direkt darunter liegenden Leitern. Tiefer liegende Ebenen werden oft als „noch nicht ausreichend kompetent“ wahrgenommen. Jeder Leiter hat die Aufgabe, die unter ihm liegenden Leiter / Mitarbeiter im Rahmen seiner Ziele zu steuern und Probleme bei Bedarf an seine Vorgesetzten zu eskalieren.
Diese Organisationen verteilen ihre Entscheidungskompetenzen weitläufiger in der Organisation. Es gibt klare neuralgische Punkte, an denen Verantwortung dediziert übertragen wird. Leiter / Mitarbeiter „A“ trägt Verantwortung für Bereich „A“ und Leiter / Mitarbeiter „B“ für Bereich „B“. Durch diese klarere Abgrenzung wird eine höhere Dynamik in der Firma ermöglicht. Entscheidungen können bis zu einem gewissem Maße innerhalb eines Kompetenzbereiches getroffen werden (zum Beispiel bis zu einer bestimmten Budgethöhe).
Die Komplexität, welche eine Organisation so bewältigen kann, wurde dadurch deutlich erhöht. Bereiche, beispielsweise mit einem höheren Innovationsbedarf, können sich besser auf ihre Bedürfnisse optimieren. Es besteht eine gewisse Dynamik innerhalb der Organisation, jedoch weiterhin mit zentralen verantworteten einheitlichen Reporting und Controlling Mechanismen und zugehörigem Organigramm der Bereiche.
Beratungsfirmen sind oft ein gutes Beispiel für orange Organisationsstrukturen.
Durch die oft langen Verkettungen an Leiterhierarchien (insbesondere durch Wachstum der Organisation) entstehen jedoch erneut Entscheidungsengpässe. Organisationsmuster und Kommunikationswege können nur begrenzt angepasst werden, da diese Entscheidungen weiterhin zentralisiert sind. Je weniger Entscheidungsverantwortung Leitern in den unteren Hierarchien zugestanden wird, desto schwieriger fällt es der Organisation auf Veränderungsprozesse zu reagiern. Leiter sind oft stark mit im operativen Geschäft eingebunden, da es insbesondere hier gute Möglichkeiten gibt, um sich (für Orange) sichtbar zu beweisen. Andere notwendige Entscheidungen können so oft nicht in ausreichender Zeit getroffen werden, da nicht mehr genug Zeit zur Lösungsfindung zur Verfügung steht. Die Entscheidungsträger sind nicht verfügbar, bzw. inhaltlich zu weit von der Thematik entfernt.
Es herrscht eine „Erfolgskultur“ und Probleme sind nicht gerne gesehen, bzw. werden als destruktiv bezeichnet. Es wird nur noch „in Lösungen gesprochen“. Erreichen nötige Entscheidungen einen gewissen Grad an Komplexität so kommt es zu einer Erstarrung innerhalb der Organisation. Gewisse Entscheidungen können nicht mehr getroffen werden, da eine offenere Diskussion benötigt wird. Dies ist jedoch konträr zu dem (orangenen) Bedürfnis Erfolge zeigen zu wollen. Es wird daher oft zu klein gedacht und es werden minimalistische Anpassungen als Lösungsvorschläge formuliert, welche das Problem nicht ausreichend umfassen, aber schneller vorzeigbar sind. Die Dauer bis zur umfassenden Problemlösung ist nicht attraktiv für Orange. Die harte Verteilung der Verantwortungen blockiert zudem die Lösungsfindung zu übergreifenden Problemen. Dieser destruktive Zustand tritt insbesondere beim Ebenenwechsel von Orange zu Grün auf. Orange beginnt sich durch seinen Wunsch zum Erfolg, selber im Weg zu stehen.
Grabenkämpfe und Silodenken sind typische Anzeichen, wächst die Komplexität über das Maß hinaus, welches eine orange Organisation bewältigen kann. Informationen werden nur aus der Perspektive der aktuell zugeordneten Tätigkeit / Position betrachtet und die Konzentration auf die ausschließliche Erfüllung dieser einen Verantwortlichkeit steigt. Es werden „pragmatisch“ alle anderen Probleme ausgeblendet, das Individuum bleibt so weiterhin aus eigener Sicht handlungsfähig. Übergreifende (wachsende) Probleme bleiben so leider zunehmend unberücksichtigt.
Je weiter Leiter sich in der Hierarchie von den eigentlichen Mitarbeitern entfernen, desto unterschiedlicher wird so auch beidseitig die Wahrnehmung von Problemen und Zielen. In der Hierarchie kommt es zu einer Informationsverknappung. „Bauchentscheidungen aus Erfahrung“ werden immer mehr auch dort getroffen, wo Probleme zu komplex werden und nicht ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um das Problem zu verstehen. Die harte Kommunikation entlang der Hierarchie verhindert zudem die Eskalation der Probleme durch eigentliche Experten. Jeder Leiter möchte die Kommunikation unter Kontrolle behalten, obwohl nicht mehr ausreichend Verständnis der Probleme vorliegt. Entscheidungen werden jedoch von Orange oft nur getroffen, wenn ausreichend „Sicherheiten“ vorliegen, die persönlichen negativen Schaden verhindern. Echte richtungsweisende Entscheidungen nehmen so immer weiter ab.
Es muss erst das (globale) Problem angenommen werden, bevor die gemeinsame Lösungsfindung begonnen werden kann. Ein politisches Beispiel ist hier z.B. der (grüne) globale Klimaschutz.
GRÜN
Die Glaubenssätze des Menschen haben sich in eine immer egalitärere Richtung verschoben. Zu oft haben kurzfristig gedachte Initiativen zu Schäden für die Gemeinschaft gesorgt, oder das Problem unzureichend gelöst. Der Mitarbeiter ist sich bewusst, dass er durch seine Handlung nicht nur maßgeblich seine eigene Situation beeinflusst, sondern auch die von anderen Menschen in seinem Umfeld. Er weiß das seine Entscheidungen heute, mitunter morgen (negative) Auswirkungen für jemand anderen zeigen. Dies versucht er unter allen Umständen zu vermeiden, da ihm Gerechtigkeit und die Gleichbehandlung der anderen Mitarbeiter sehr wichtig ist. Seine persönlichen Ambitionen stellt er daher auch oft den Zielen der Gemeinschaft / Gruppe unter. Er hat den festen Glauben, dass so alle langfristig erfolgreicher sein können. Es besteht eine große Flexibilität im erlaubten Verhalten anderer Menschen, solange diesen offensichtlich auch ein gerechtes Miteinander wichtig ist. Die Entscheidungsfindung über Gruppenkonsens ist in den meisten Fällen das Mittel der Wahl.
Es herrscht ein sehr großes Vertrauen der Leiter in ihre Mitarbeiter, da davon ausgegangen wird, dass sich die Mitarbeiter stark mit den gemeinsamen Firmenzielen identifizieren. Es wird aus Sicht der Organisation viel Zeit investiert, um eine enge Beziehung zum Mitarbeiter aufzubauen und das Vertrauensverhältnis zu stärken. Der Mitarbeiter wiederum setzt sich selbst eine hohe Eigenverantwortung und identifiziert sich mit den gemeinsamen Zielen.
Gleichzeitig kann jedoch eine zunehmend geringer werdende gemeinsame inhaltliche Schnittmenge zu einer schnellen Distanzierung führen. Der Mitarbeiter wird sich in so einem Fall zeitnah nach Organisationen umsehen, welche sich besser mit seinen eigenen Interessen / Vorstellungen decken. Es wird zudem ein hohes Maß an gegenseitiger Wertschätzung erwartet und ein offener / ehrlicher Umgang miteinander sind wichtige Aspekte der Zusammenarbeit.
Es herrscht eine Kultur basierend auf kollektiven Werten und Ansprüchen, welche alle Mitarbeiter teilen sollen. Es wird darauf geachtet, dass jeder Mitarbeiter gleichermaßen gut in die Firma integriert und durch seine Kollegen angenommen wird. Es wird hervorgehoben wie wichtig gegenseitige Rücksichtnahme ist und dem Mitarbeiter wird zu jedem Zeitpunkt das gemeinsame Ziel seiner Arbeit transparent gemacht. Der Mitarbeiter wird stets dazu angehalten aktiv in der Gestaltung der Organisation mitzuwirken und sich mit eigenen Ideen einzubringen.
Die Strukturen werden weitestgehend durch sehr autonome selbstorganisierende Teams bestimmt, welche eine hohe Entscheidungsfreiheit haben. Anstelle auf Kontrollmechanismen zu setzen, wird von den einzelnen Teams eine hohe Eigenverantwortung hinsichtlich Transparenz erwartet. Die gemeinsamen Ziele werden klar kommuniziert / abgestimmt und statt einem „Pull“ der Leitung wird ein „Push“ der Teams erwartet. Entscheidungen, bzw. Entscheidungsvorlagen werden aus den einzelnen Teams heraus erwartet, diese wiederum tragen dafür die Verpflichtung die passende argumentatorische Grundlage dafür zu liefern. Es muss ein sehr gutes Verständnis der gemeinsamen Ziele hierfür vorliegen. Statt Orchestration wird stark auf Choreografie wert gelegt. Es wird davon ausgegangen, dass jedes Team sein relevantes Umfeld kennt und sich eigenständig notwendige Informationen beschafft, bzw. Probleme eskaliert. Die Hierarchie in solchen Unternehmen wird zunehmend flacher, es werden formale Hürden (Anrede „Du“ statt „Sie) abgebaut und harte Rollenzuordnungen werden immer weniger relevant. Leiter in der Hierarchie tragen eine hohe Eigenverantwortung und es ist deren Hauptaufgabe, dass sie ihre darunterliegenden Leiter / Mitarbeiter verstehen und best möglich befähigen. Es besteht ein guter / kontinuierlicher (wenn auch hoher) Kommunikationsfluss die Hierarchie hinauf/-ab, sowie zwischen den Teams und Bereichen.
Firmen mit dieser Art der Organisation und den dazu passenden Mitarbeitern können einen sehr hohen Grad an Komplexität bewältigen. Sie sind hoch dynamisch und sehr innovationsfähig. Die Größe der Organisation ist gut für Wachstum ausgelegt, da die Autonomie der einzelnen Teilbereiche im Zentrum der gemeinsamen Zusammenarbeit steht. Die einzelnen Mitarbeiter lassen sehr viele Faktoren mit in Entscheidungsfindungen einfließen und legen viel Wert auf Nachhaltigkeit. Die Mitarbeiter definieren die Organisation eher als „erweiterte Familie“.
Dies ist beispielsweise klassisch in Umwelt-/Tierschutzorganisationen der Fall, gewinnt allerdings aber z.B. insbesondere im IT Umfeld an Bedeutung im Zusammenhang mit einer „agilen Entwicklung“.
Dennoch ist auch eine ausschließlich grüne Organisation hinsichtlich ihrer Komplexität begrenzt. So ideal die bisherige Beschreibung auch klingen mag, so groß ist auch wieder die Gefahr der erneuten Stagnation. Wo Orange durch das intrinsische Bedürfnis nach „Erfolg“ ausgebremst wurde, so wird dies Grün durch das Bedürfnis nach „Gleichheit“. Jeglich Art von Hierarchie wird zunehmend in Frage gestellt und als ungerecht angezweifelt.
Wenn die Meinung jedes Individuum, aus einem gewissen Kontext betrachtet, richtig sein kann, so kann auch keine Meinung überstimmt werden. Je komplexer die Entscheidung wird, desto häufiger werden lange Entscheidungsrunden, um Lösungen zu beschließen. Die Organisation beginnt an ihrem ultimativem Wunsch auf absolute Gleichheit zu ersticken.
Insbesondere scheitert Grün, sobald Menschen anderer Ebenen Teil der Organisation sind, was, bis auf in diesem hypothetischen Beispiel, sehr wahrscheinlich ist. Der grüne Mitarbeiter kann nicht verstehen, warum nicht jeder seinem „edlen Ziel“ folgt. Andere Menschen begegnen ihm beispielsweise impulsiv, dogmatisch oder eigennützig und rufen Zweifel hervor, ob diese Art der gleichberechtigten Zusammenarbeit überhaupt möglich ist…
GELB
Durch das Tal aus Zweifel und Unsicherheit gewandert, zeigt sich dem Menschen zunehmend eine neue Sicht der Dinge. Weiterhin hält der Mitarbeiter / Leiter an seinem Glauben an die Richtigkeit von Gleichheit fest, jedoch hat sich deren Bedeutung geringfügig geändert. Die absolute und blinde Gleichbehandlung aller anderen Menschen hat sich selbst als dogmatisch und ignorant bewiesen. Es kann nicht von fairer Gleichbehandlung gesprochen werden, wenn Mitarbeiter mit unterschiedlichen Erfahrungen, Fähigkeiten und Hintergründen alle nach dem gleichen Muster behandelt werden. Es muss die Individualität jedes Einzelnen geschätzt und hervorgehoben werden. So ist es vollkommen legitim und akzeptiert, dass die Entscheidung eines Experten in einem Bereich mehr gewichtig hat, als die anderer Gruppenmitglieder.
Die zunehmende Erstarrung der grünen Organisation wird durch diese neue Erkenntnis wieder zurück in ein Gleichgewicht gebracht. Bisher teils vollkommen aufgelöste Hierarchien werden in Verbindung mit einer gegenseitigen Wertschätzung und Gleichbehandlung wieder etabliert und von den Mitarbeitern anerkannt. Die Hierarchie wird mehr als Chance wahrgenommen, die Abstimmungsaufwände bei den einzelnen Gruppenmitgliedern zu verringern, so dass diese sich mehr auf ihre Stärken fokussieren können. Dennoch steht das gemeinsame Gruppenverständnis und eine enge Zusammenarbeit weiterhin im Fokus der Organisation.
Die Kultur ist geprägt durch ein höchstes Maß an Individualität und Selbstentfaltung. Zu jedem Mitarbeiter wird viel Zeit investiert seine Interessen und Fähigkeit best möglich in die Organisation einzubringen. Es werden nicht Stellen mit Mitarbeitern besetzt, sondern Stellen für Mitarbeiter geschaffen. Die geteilte Vision ist es, dass Beste aus jedem Mitarbeiter herauszuholen, während dieser mit vollem Einsatz an den gemeinsamen Unternehmenszielen arbeitet. Die Unternehmensziele selbst werden mitunter durch die Ideen der Mitarbeiter evolutionär verändert.
Eine Organisation nur aus gelben Individuen ist wiederum ebenso nur hypothetisch. Da eine „gelbe Organisation“ gerade die Integration & Förderung vieler verschiedener Menschen als Ziel hat, gibt es kein organisatorisches Standardmodell. Je nach Gruppe werden wählen sich deren Mitglieder die passendsten Führungs-/Organisationsstrukturen in den einzelnen Teilbereichen. Eine solche Organisation versucht die passenden Menschen, für die passenden Tätigkeiten zu finden und integriert diese möglichst gut miteinander. Eine grüne Kreativabteilung kann so mit einer blauen Finanzbuchhaltung und einem orangenem Marketing auf einem gemeinsamen Fundament aus Werten & Prinzipien harmonisieren. Ein gelbes „Evolution Team“ beobachtet die sich verändernden Rahmenbedingungen und leitet kontinuierlich fließende Veränderungen ein, um den sich ändernden Anforderungen gerecht zu bleiben. Eine möglichst flache Führungshierarchie hält die Richtung der Organisation im Blick und sorgt für gemeinsame Klarheit über die unternehmerische Ausrichtung & Leitplanken. Im Zentrum steht hier noch mehr die Befähigung & Entwicklung der unterschiedlichen Menschen zur best möglichen Erreichung der gemeinsamen Organisationsziele.**
Zusammenfassung
Je mehr Flexibilität und Dynamik in den Organisationen und deren Teilbereichen benötigt werden, desto wichtiger werden neue Denkmuster, Kulturveränderungen und dazu passende Organisationsstrukturen. Eine Firma kann in ihren Bereichen unterschiedliche Organisationsmodelle je nach vorliegender Komplexität und den Bedürfnissen der Mitarbeitern wählen. Es gibt kein universales ideales Zielbild für Organisationen. Müssen/Möchten Organisationen sich verändern, sollte daher nicht von „Transformation“ gesprochen werden, sondern von „Evolution“. Der Prozess als Firma eine höhere „kollaborative Komplexität“ bewältigen zu können ist fließend. Es werden Mitarbeiter benötigt, welche wachsende Eigenverantwortung wahrnehmen können und Leiter, welche diesem mit wachsendem Vertrauen begegnen können. Eine so entstehende losere Kopplung und steigende Freiheitsgrade ermöglichen zunehmend schnellere Entscheidungen und Reaktionen.
Insbesondere müssen wir verstehen, dass unser persönliches Wachstum von unserem Umfeld abhängt, genau so wie unser Umfeld von unserem Wachstum als Mensch profitiert. Schaffen wir es ein Umfeld (Firma, Gesellschaft, etc.) zu etablieren, welches den passenden Nährboden für das persönliche Wachstum jedes Einzelnen anbietet, so wird nachhaltig der gemeinsame Erfolg steigen!
* Dieser Inhalt baut auf Inhalten aus Spiral Dynamics auf, ist jedoch erweitert, um meine eigenen persönlichen Erfahrungen und erworbenen Ansichten.
** Diese Empfehlung einer „gelben Organisation“ wird konkreter in Spiral Dynamics beschrieben. Ebenso werden dort Konzepte zur evolutionären Veränderung von Organisationen entlang der genannten Ebenen vorgestellt.
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